Der 31.03. ist “trans day of visibility”, also zu Deutsch “Tag zur Sichtbarkeit von trans Personen”. Trans ist ein Adjektiv, wird nicht gebeugt und klein geschrieben. Mit Leerzeichen zwischen “trans” und allen anderen Worten.
Dieser Tag wurde ins Leben gerufen, weil trans Personen (auch in linken Kontexten) in den meisten Fällen unsichtbar sind. Werden sie sichtbar, haben sie vor allem mit Problemen zu kämpfen: Menschen sprechen ihnen das Existenzrecht oder die Diskriminierungserfahrungen ab, sie werden als “Gefahr” für den Feminismus (oder den Frauensport) imaginiert und allgemein ist das “absolute Böse” alternativ “the transsexual Empire”. (Ein Buch, dem der Begriff der “Hetzschrift” durchaus gebührt.)
Das Thema ist komplex, für die Arbeit in der Awareness jedoch wichtig und notwendig, zumindest die Grundlagen über transgeschlechtliche Identität und Existenz zu kennen – beispielsweise, wenn es darum geht, wer in welcher Form Toiletten benutzt und/oder Rückzugsräume nutzen kann. Wir sehen den Menschen das Geschlecht weder an der Nasenspitze, noch an ihren Genitalien an (auch wenn wir uns ersteres oft einbilden, zumindest letzteres ist im professionellen Kontext höchst übergriffig).
Was nicht komplex ist – und wo, außer ein wenig Lernbereitschaft, auch kein weiteres Wissen oder Anstrengung benötigt wird, ist, wenn es um die Anerkennung von Namen und Pronomen von trans Personen geht. Menschen mit dem gewünschten Namen anzusprechen, ist ein allgemein akzeptierter Akt der Höflichkeit – über Menschen mit den korrekten Pronomen zu sprechen, ebenso.
Doch nicht einmal dies wurde der einzigen trans Person im Team gewährt. “Lass mich in Ruhe, ich hab keinen Bock darauf.”, war die Antwort, als im Plenum höflich (aber nachdrücklich) darauf bestanden wurde, nicht dauerhaft als Frau misgendert zu werden. Eine Person zu zwingen, in zunehmender Lautstärke die eigenen Pronomen und den eigenen Namen zu wiederholen, um endlich korrekt angesprochen zu werden – und darauf mit Verärgerung zu reagieren (anstatt sich zu entschuldigen und es besser zu machen), ist ein eindrückliches Zeichen dafür, wie ignorant nicht nur mit der Awareness als politischer Struktur, sondern auch mit der Identität der einzelnen Mitarbeitenden, umgegangen wurde.
Die eigene Identität, das eigene Sein in der Arbeit nach hinten stellen zu müssen, weil es als “anstrengend” empfunden wird, Menschen korrekt zu bennenen (und als Gnade inszeniert, Personen so anzusprechen, dass sie nicht diskriminiert werden) ist eine Erfahrung, welche die meisten trans Personen in der linken Szene, aber auch in anderen Räumen, regelmäßig machen müssen. Die Nutzung der richtigen Pronomen und des eigenen Namens wird wahlweise als Gefälligkeit konstruiert oder (bei Verweigerung) als Waffe gegen sie verwendet. “Nur, solange du hier brav mitspielst, erkenne ich deine Bedürfnisse und deine Identität an”, ist sowohl Drohung, als auch Druckmittel.
Die eigene Existenz wird von der Gutmütigkeit und “Nettigkeit” der umgebenden cis Personen abhängig gemacht, anstatt – selbst wenn die trans Person Scheiße baut – ihr die Grundlagen einer gleichberechtigten Existenz zuzuerkennen. Ein Machtgefälle, das bewusst von cis Personen genutzt wird, um trans Personen an einen ihnen zustehenden Platz zu verweisen, ist es doch deutlich einfacher, die Existenz von trans Personen in Frage zu stellen und wird weder gesellschaftlich noch in der sozialen Bubble einer “emanzipatiorischen Linken” allzusehr geächtet.
Auch deshalb ist der 31.03. ein Kampftag – es braucht Mut, sich sichtbar zu machen und das eigene Recht einzufordern. Es braucht auch Kraft, immer wieder und wieder die – nicht sehr angenehme – Outingprozedur durchleben zu müssen, in der die eigenen Rechte mit Füßen getreten werden, weil cis Personen es als “lästig” und “anstrengend” empfinden, sich minimal umzustellen.
Dieser Text ist ausnahmsweise von einer Einzelperson geschrieben worden, der wir den Raum geben wollten, Wut und Schmerz zum Ausdruck zu bringen. Wir stehen solidarisch hinter dieser trans Person, aber es ist nicht unser Raum, nicht unser Schmerz. Es ist unsere Aufgabe als Awarenessteam, Menschen zu schützen, die Übergriffigkeit erfahren. Es ist uns nicht gelungen, diese Übergriffigkeit aus dem Arbeitskontext heraus, im eigenen, großen Clubteam, zu verhindern. Das ist eine Verantwortung, der wir uns zu stellen haben, die wir aber auch weitergeben wollen – so wenig trans Personen dafür die Verantwortung tragen, immer lieb und freundlich um die Anerkennung ihrer Existenz zu bitten, so wenig tragen wir als Team die Verantwortung für das Verhalten von Täter_innen, die sich bewusst für die Ignoranz entschieden haben. Hätten wir Schicht gehabt und wäre es um Besucher_innen gegangen, wir hätten diese Person der Tür verweisen können. So blieb uns nichts anderes übrig, als geschlossen zu gehen, weil die Umstände unaushaltbar wurden.